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Protege Innocetem

Manchmal reicht eine einzige Bemerkung und man muss leider zugeben, dass man bisher auf einem Auge blind war. Ich bin, wenn mir ein Thema am Herzen liegt, leicht zu begeistern. Ich beleuchte es dann von allen Seiten, verschlinge alles, was es zum Thema zu lesen gibt, versuche Leute kennen zu lernen, die Experten oder Insider sind und denke viel nach. Wie jeder Mensch habe ich mein eigenes ethisches Grundgerüst, an dem sich dann meine Meinung ausrichtet und orientiert. Außerdem vertrete ich auch gerne diesen Standpunkt – weil ich ihn eben für richtig halte. Nicht zuletzt deshalb gibt es diesen Blog. Ein Blog ist nicht aufdringlich. Keiner muss ihn lesen, aber wer will, der kann. Ich finde, ein guter Weg um mit seiner eigenen Meinung umzugehen.

Wer sich die Mühe gemacht hat hier einige Artikel zu lesen, merkt schnell, welche Themen mir wichtig sind. Auch der Titel zeigt es schon: „Repariert Deutschland“. Ich denke, dass unsere Gesellschaft mehrere ernsthafte Defekte aufweist, sich aber, mit ein wenig Achtsamkeit, Einsicht und richtigen Entscheidungen, wieder reparieren lässt. Pathetisch ausgedrückt könnte man auch sagen ich will irgendwie dazu beitragen, dass die Welt etwas besser wird.

In Zeiten wie diesen glaube ich fest daran, dass Hass und Engstirnigkeit keine Lösung sind und schon gar keine schnelle. In meinem letzten Artikel (Der neue Simplicissimus) habe ich z.B. viel über das Thema Asyl geschrieben und warum Grundrechte nicht limitierbar, z.B. durch Obergrenzen für Aslybewerber, sein sollten. Das sehe ich auch heute noch so. Vergessen habe ich, dass es aber auch noch andere Grund- bzw. Menschenrechte gibt. Genau genommen habe ich es nicht wirklich vergessen, es schien mir nur so offensichtlich, dass ich dachte es müsste nicht extra erwähnt werden. Zum Glück kenne ich Menschen mit einem sehr gesunden Blick auf die Welt und deren Realitäten (Danke Achim!). Bei einem kleinen Chat über den letzten Beitrag war ich sehr verwundert, warum A. dachte, ich räume dem Asylrecht einen höheren Stellenwert als dem Schutz der Unschuldigen vor Verbrechen ein. Ob wir eine Bringschuld gegenüber den Asylanten haben und wir dabei sind, wesentliche Werte unserer Gesellschaft und Lebensart kampflos aufzugeben. Offensichtlich kann man den Eindruck bekommen, ich wäre auf einem Auge blind. Keineswegs. Richtig ist aber, ich habe es nie formuliert. Es steht nichts davon in meinem Blog.

Also habe ich angefangen, darüber nachzudenken. Als konkreten Aufhänger wollte ich mir die Frage nach den „kriminellen“ Asylbewerbern vornehmen und wie sehr Migranten unsere Gesellschaft verändern und in welchen Punkten. Dazu habe ich dann Statistiken gewälzt, Presseberichte gelesen, News der Polizei abonniert und auch mit vielen Menschen gesprochen. Das Ergebnis: kriminelle Asylanten sind eher in der Minderheit und hochgerechnet nicht mehr oder weniger kriminell als der Rest von Deutschland. Entwarnung… eben nicht. Ich bin nur wieder in die gleiche Falle getappt. Der Grund: ich habe schlichtweg die falsche Frage gestellt. Genau genommen war das Ergebnis abzusehen. Handlungen sind größtenteils das Ergebnis von Prägungen durch Umwelt und sozialem Kontext. Sie sind nicht – gesetzmäßig – an den Geburtsort gebunden. Unter entsprechenden Bedingungen ist die Wahrscheinlichkeit für ähnliche Handlungsmuster für alle Menschen ungefähr gleich groß. Eine Trivialität. Das hilft uns in unserer Lage nicht.

Aufgefallen ist mir bei den Recherchen aber eins: Es ist ganz schön schwierig geworden, Ansprechpartner für politisch unkorrekte Fragestellungen (Wie viele Straftaten sind in Mainz von Asylbewerbern verübt worden? Wie oft sind spezielle Delikte (z.B. Belästigung von Frauen im öffentlichen Raum) von Asylbewerbern begangen worden?) zu finden. Es gibt die Zahlen oftmals einfach nicht – bzw. es wurde keine Auswertung gemacht. Selbstverständlich wird bei jedem aufgenommenen Protokoll vermerkt, woher der Beschuldigte kommt. Verwendet werden die Daten aber größtenteils nicht. Außerdem ist es außerordentlich schwer, von einem Polizisten verwertbare Aussagen über Erfahrungen aus seinem täglichen Berufsfeld zu diesem Thema zu bekommen. Erzählen würden die meisten gerne – zitieren geht aber nicht, weil es dann Ärger auf der Dienststelle gibt.

Der Witz ist: Die Anzahl ist schlicht nicht relevant. Die Art und Weise, wie wir damit umgehen, schon. Ich verstehe, dass die „Politik“ gerne einen (rechten) Flächenbrand vermeiden möchte und die selektive Wahrnehmung tut im Moment ein übriges. Wir fühlen uns von kriminellen Asylanten umzingelt, auch wenn es nur eine kleine Minderheit mit Fehlverhalten ist. Aber was hilft es zu sagen: „Es ist nur eine Minderheit?“ Das Gefühl des Ausgeliefertseins der Menschen und vor allem der Opfer von Straftaten wird damit nicht verändert. Es mag politisch nicht korrekt sein, aber es kann doch keinen verwundern, wenn junge Männer mit relativ kruden und patriarchalischem Weltbild, in dem Frauen eher zweitklassig sind und Religion über allem steht – und damit als Männer sowieso Sonderrechte genießen – zum Teil in unserer offenen Gesellschaft Regelverstöße begehen. Dieses Problem tot zu schweigen oder auszublenden ist in Wahrheit der echte Rassismus: ungleiche Behandlung von Individuen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit. Klar, alles hat Ursachen, keiner wird so geboren, wir sind am Elend in der (3.) Welt Mitschuld. Alles richtig. Aber die Menschenrechte – wie das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Würde – gelten eben auch für uns. Oder besser: für Alle.

Über mögliche Konzepte den Ursachen der Flüchtlingswelle zu begegnen habe ich das letzte Mal geschrieben. Was ich versäumt habe, ist klar zu machen dass es damit nicht getan ist. Wir müssen auch für unseren Status Quo kämpfen. Ich meine damit nicht, dass wir weniger teilen sollen, weniger Empathie empfinden sollen oder uns einmauern müssen. Ich meine damit, dass wir die Errungenschaften unserer Gesellschaft auch aktiv verteidigen müssen. Ein Straftäter kann nicht anders behandelt werden nur, weil er Asylant ist. Es sollte auch keine Ausnahmeregelungen für Religionen geben. Die Gleichberechtigung der Frau ist ein wesentlicher Stützpfeiler, genauso, dass Gesetze vom Staat erlassen und von der Polizei durchgesetzt werden. Keine Scharia, aber auch kein Hodscha, der die Streitigkeiten im Kleinen als Religionsgelehrter schlichtet. Völlig egal, ob das kulturell verankert ist oder gut funktioniert. Keine Ausnahmen in Grundsatzfragen. Oder, wie ein Freund es passend auf den Punkt brachte: Stand your ground! (Achtung: Ich meine damit nicht die Freigabe jeglicher unverhältnismäßigen Mittel wie z.B. in den USA). Wir müssen unsere Errungenschaften verteidigen. Ich finde es schade, dass wir Mitgefühl und aktive Hilfe für viele Asylanten bieten, aber das Grenzen aufzeigen völlig einem rechten Pöbel überlassen. Es fängt im Kleinen an. Die Gruppe von 2-3 Männern, die eine Frau in der Bahn belästigt, wird irgendwann zur Meute vor dem Kölner Dom – wenn es keine Gegenbewegung gibt. Dem Opfer sind die Ursachen (Traumatisierung, Elend, mangelnde Bildung usw.) völlig egal – und zwar mit Recht. Wenn ich im Dschungel unterwegs bin und auf einen Löwen treffe, verstehe ich zwar, warum er mich wahrscheinlich fressen will. Aber das heißt ja nicht das ich es auch erlaube! Das Anerkennen der Ursachen und die entsprechenden Maßnahmen zum Abstellen dieser Probleme haben aber keine höhere Priorität als andere Menschenrechte. Die Unschuldigen müssen geschützt werden. Überall.

Leider haben wir es versäumt, die Polizei auf diese Herausforderung sinnvoll vorzubereiten. Als ich Kind war, gab es selbst im kleinsten Dorf den Dorfpolizisten. Den kannte jeder und er kannte seine Pappenheimer auch genau. Es gab nicht für alles ein Formular, aber immer Zeit für ein klärendes Gespräch. Heute ist die zuständige Polizeistation 15 min mit dem Auto entfernt und in den meisten Fällen dauert es ewig bis überhaupt jemand kommt. Sowas wie Präsenz gibt es eigentlich gar nicht mehr. Falls man einen Polizisten sieht, trägt der Schutzweste und Handschuhe, und nicht mehr ein nettes Synthetikhemd wie der Dorfpolizist von nebenan. Keine Frage: Das ist nicht die Schuld der Polizisten und traurig genug, dass ein solcher Schutz heute notwendig ist. Das ist die Folge der Politik, die wir viel zu lange toleriert haben. Wir retten die Banken und sparen das Gemeinwesen kaputt. Staatliche Aufgaben sind lästig und teuer und Dividende ist doch viel wichtiger. Es ist Hip, gegen die Polizei zu sein und ACAB darf nahezu ungestraft jeder überall rumschreien.

Ändern können wir die Verhältnisse nicht ohne die Hilfe der Polizei (und Justiz), aber die Polizei braucht unsere Hilfe. Keine Bürgerwehr oder ein lynchender Mob. Aber Zivilcourage, das Achten auf den Anderen und ein partnerschaftliches Umgehen mit der Polizei. Jeder von uns verfügt über genug gesunden Menschenverstand, um zwischen Stasiüberwachung/Lynchmob und verantwortungsvollem Bürger zu unterscheiden. Wenn wir zwielichtige Gestalten im Vorgarten des Nachbarn sehen, rufen wir die Polizei, aber wir jagen sie nicht mit Baseballschlägern durchs Ort. Wir haben ein tolles Notwehr– und Nothilfegesetz, das eine sehr breite Palette von Maßnahmen (auch Gewalt, wenn nötig) erlaubt. Wir brauchen kein „Mehr“ an Überwachung, neue Gesetze, etc. Wir brauchen gesunden Menschenverstand gepaart mit Zivilcourage. Wir brauchen eine leistungsfähige Polizei und Justiz – aber eben als Partner der Bürger. Es ist grotesk, dass gerade diese beiden originären Aufgaben eines Staates bei uns so schlecht behandelt wurden. Schlechte Bezahlung der Polizei, mangelhafte Ausstattung, Unterbesetzung, Stellenabbau… oder monatelange Wartezeit bis zu einem Gerichtsverfahren. Wahnsinn!!! Wir haben einen Zustand zugelassen, in dem der Staat seine eigentlichen Aufgaben nicht mehr wirklich wahrnehmen kann: den Schutz seiner Bürger. Sowas lässt sich nicht über Nacht wieder reparieren. Ein Politikwechsel muss her, wird aber dauern. In der Zwischenzeit müssen wir selbst mithelfen. Lasst uns unser Herz UND Gehirn benutzen! Einem Asylbewerber, der sich gut benimmt, mit Freundlichkeit und Empathie zu begegnen, ist genauso wichtig wie eine klare Haltung bei Regelverstößen! Und zwar hauptsächlich im Alltag und bei den kleinen Reibereien. Wenn ich toleriere, dass einer Frau aus religiösen Gründen nicht die Hand geschüttelt wird, ist das der erste Schritt zu einer Entwicklung, die dann letztlich auf dem Kölner Domplatz an Silvester endet. Wehret den Anfängen – aber eben mit Augenmaß. Der verweigerte Händedruck muss nicht zur Haftstrafe führen, aber zu klaren (sozialen) Konsequenzen. Oftmals reicht da schon ein deutliches verbales Statement. Bei einer Straftat reicht aber „nur Reden“ nicht mehr aus. Priorität hat hier nicht Verständnis, sondern Opferschutz – am besten bevor es Opfer gibt. Dazu brauchen wir keine Überwachungskameras, sondern Zivilcourage. Lasst uns – im Wortsinne – Zusammenhalten!

Danke fürs Lesen.

Peace – Euer Christian

 

 

 

 

 

 

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Der neue Simplicissimus

(Frei nach Motiven von Jakob Christoffel von Grimmelshausen)

Quelle: Wikipedia
Quelle: Wikipedia

Eigentlich sollte jetzt hier ein Text über das Thema Pokémon Go (Die Rückkehr der Schnitzeljagd) entstehen. Sauber recherchiert (bin mittlerweile Level 6!) und mit Thesen, die ganz bestimmt wieder heftige Kritik ausgelöst hätten. Letztlich gibt es den Artikel aber doch nicht. Die Ereignisse der letzten Wochen sind einfach zu dominant, um sie zu ignorieren – auch wenn ich das lieber täte. Außerdem hatte ich mehrfach die Chance zu Gesprächen (oder Chats) mit Menschen, die extrem unterschiedliche Standpunkte, teilweise auch sehr kontrovers zu meinen eigenen, vertreten. Solche Gespräche sind meistens anstrengend, aber auch immer lehrreich. Interessanterweise hatten nahezu alle Standpunkte eins gemeinsam: Eine schnelle und einfache Universallösung sollte her. Flüchtlingsproblem, Terrorproblem, Naziproblem, Wirtschaftsproblem, Soziale-Gerechtigkeit-Problem, Burn-Out-Problem, usw… die Liste könnte endlos so weitergehen.

Leute: das wird Nix! Da wir an den meisten Themenbereichen mehr als 20 Jahre (kaputt-) gebaut haben, wird sich keine Lösung – schon gar keine einfache – an einem Nachmittag finden lassen. Werfen wir doch Mal einen Blick auf das aktuelle 9-Punkte Lösungsprogramm zum Thema Terror der Bundesregierung:

  • Frühwarnsystem
    Das System soll Infos aus Asylverfahren oder Integrationsbemühungen über eine mögliche Radikalisierung liefern. Die meinen die chronisch unterbesetzten Ämter und Institutionen, die es bisher noch nicht mal schaffen alle Basisdaten der Asylbewerber zu erfassen. Hört sich nach einen „super“ Plan an. Und außerdem: Was ist denn ein Zeichen von Radikalisierung? Bart? Oder erwarten wir offen getragene Waffen? Attentäter und Extremisten sind gestört, aber nicht notwendigerweise dumm.
  • Personal
    Na das ist auch geil, nachdem wir jahrelang die Polizei und Justiz kaputt gespart haben. Wo sollen denn die neuen Kräfte über Nacht herkommen? Oder stecken wir jetzt einfach jedem aus der Bürgerwehr ´ne Plakette an? Oder vielleicht Bewaffnung der Politessen?
  • Information
    Bessere Überwachung des Internets. Na dann viel Erfolg, Leute! Nicht nur, dass es immer findige Nerds geben wird, die einen wasserdichten Kanal bauen können. Wir überwachen dann einfach jeden. Klar, wer nix zu verbergen hat, muss sich ja vor Offenlegung nicht fürchten. Kann man ja sehen wie vorbildlich der Staat da vorangeht und die TTIP Unterlagen schön geheim hält. Für mehr Details einfach mal dieses tolle Video ansehen.
  • Bundeswehr
    Reden wir von der Bundeswehr, die jahrelang kaputtgespart wurde und kaum noch in der Lage ist, ihre eigentlichen Aufgaben (Landesverteidigung und ggf. humanitäre Einsätze im Ausland im Rahmen eines UN Mandats) zu erfüllen? Gab es nicht einen guten Grund, warum die Armee nicht im Inland eingesetzt werden darf und warum das im Grundgesetz steht? Und wieso jetzt in die Bundeswehr für diesen Zweck investieren, statt direkt in die Polizei? Hat mal jemand dran gedacht wie unterschiedlich die Ausbildung eines Soldaten und Polizisten ist – und vor allem warum!?
  • Forschung/Prävention
    Na das fällt uns ja früh ein und außerdem: Wäre es nicht selbstverständlich, dass man nach den Ursachen forscht? Hat nur ein Punkt gefehlt, damit es am Ende mindestens 9 sind? Genauso gut hätten wir dann ja auch „Verfolgung von Straftätern“ oder „Umsetzung der bestehenden Gesetze“ aufnehmen können. Ach Stopp! Haben wir ja auch. Siehe nächster Punkt.
  • Rückführung
    Hä? Die Durchsetzung geltenden Rechts ist ein neuer Punkt auf der Aktionsliste? Da spar ich mir den Atem…
  • Europa
    Da geht es nicht um ein solidarisches Europa, also faires Aufteilen der Lasten usw., sondern um den Datentausch. Hatten wir ja eigentlich schon unter Punkt „Information“. Naja, wiederholen soll ja das Lernergebnis verbessern. Europa zeichnet sich im Wesentlichen durch den Abbau von „Handelshemmnissen“ aus – man könnte auch sagen „Förderung von Konzerninteressen“ und endlose Debatten. Bis die sich auf einen Standard des Datentauschs geeinigt haben, der dann ausgeschrieben, umgesetzt, debuggt, neukonzipiert und in einer 10-jährigen Übergangsfrist eingeführt wird, haben wir längst keine Sorgen mehr.
  • Waffenrecht
    Alter… ich hab kein Problem damit, dass Sportschützen und Jäger streng überprüft werden, z.B. auf Alkoholismus oder bekannte Gewaltdelikte, aber 1) ILLEGALE Waffen sind das Problem. Da hilft eben per Definition kein Gesetz und 2) selbst mit legalen Waffen kann ich Amok laufen. Machete per Amazon bestellen? Dank Amazon Prime schon morgen da.
  • Nachrichtendienste
    Gibt’s hier ein Echo? Kam „Information“ nicht irgendwie schon mehrfach vor?
Quelle: Wikipedia
Quelle: Wikipedia

Da sich das Geschrei ja im Wesentlichen auf „Wir müssen mehr wissen/überwachen“ konzentriert und deswegen nach der Aushöhlung des Grundgesetzes gegiert wird (Vorratsdatenspeicherung, Überwachung Internet bzw. Telekomunikationsdaten, etc) hier mal eine kleine Geschichte: So bis ca. 1990 gab es einen Deutschen Staat, genannt DDR, der Weltmeister im Überwachen war. Aufgezeichnet wurde quasi alles: Telefonate, Briefverkehr samt Inhalt, sogar die Gespräche der netten Nachbarn im Hausflur. Selbst die NSA war ein wenig neidisch. Trotz der Überwachung auf Championsleague-Niveau gelang es immer wieder findigen „Republikflüchtigen“, ihre Pläne umzusetzen und „rüberzumachen“. Was sagt uns das? Es wird IMMER Lücken geben. Und im Falle von Terrorismus reicht es ja schon wenn 0,0001% unerkannt bleiben und sich dann mit 50 unschuldigen Opfern in die Luft sprengen. Da gibt es KEINE Sicherheit. Das sind Märchen. Schauen wir doch mal zurück in den „Deutschen Herbst“. Damals „kämpfte“ die RAF mit 6 gegen 60 Millionen gegen die Bundesrepublik. Die Fahndung war damals extrem. Verkehrsüberwachung mit Nummernschilderfassung, Schleppnetz- und Rasterfahndung, Steckbriefe überall. Vieles davon ist heute noch die Basis von Polizeiarbeit. Es war nur eine Handvoll Krimineller. Sogar deren Gesichter waren bekannt. Trotzdem dauerte es Jahre, bis man sie verhaften konnte. Viele blieben noch jahrzehntelang unerkannt. Damals wurde der Begriff der Stadtguerilla geprägt, also der des urbanen Partisanenkämpfers. Diese Art der Kriegsführung ist mit den klassischen Gegenmaßnahmen nicht beizukommen. Fragt doch mal General Batista, der auch versucht hat, Guerillakämpfer mit der Staatsarmee zu bekämpfen. Um entsprechenden Bemerkungen gleich vorzubeugen: Ich halte den IS NICHT für Freiheitskämpfer, sondern für bekloppte Arschgeigen. Es geht hier nur um den Vergleich von Gegenstrategien.

Genauso „gerne“ höre ich die andere Seite, die mehr Bewaffnung fordert, um dann Amokläufer direkt „ausschalten“ zu können. Kleiner Blick nach Amerika. Dort hat jeder Vollhorst ´ne Waffe und in den meisten Bundesstaaten darf er die auch mit rumtragen. Wie oft gab es jetzt bei den diversen Amokläufen in den USA den Fall, bei dem ein „Passant“ die Sache geregelt hat? Genau. Nie. Dafür haben wir eine Menge Tote, die versehentlich mit einer Spielzeugwaffe oder einem Handy oder Feuerzeug erwischt wurden, bei denen der Ordnungshüter dachte, es wäre eventuell gefährlich. Schlecht, aber irgendwie auch die logische Folge, wenn man Polizisten zwingt, in einem Land Dienst zu tun, bei denen jeder einen Ballermann haben darf. Da wäre ich wahrscheinlich auch lieber vorsichtig statt tot.

Also…. was machen wir jetzt mit dem Scherbenhaufen? Erst mal ansehen, was wir da zerdeppert haben! Die Ursachen des Terrors liegen in unserer Außen- bzw. Wirtschaftspolitik (was ja ohnehin das Gleiche ist). Das muss sich ändern. Sofort! Damit beenden wir den Terror noch nicht, aber wir generieren wenigstens nicht permanent mehr Nachschub. Besinnen wir uns wieder auf das, was im Grundgesetz steht. Asyl ist Menschenrecht. Wer vom Tod oder Verfolgung bedroht ist, darf zu uns kommen. Da es ein Menschenrecht ist, KANN es dafür auch keine Obergrenze geben. Sonst gäbe es ja auch Menschen 2. Klasse. Wir können aber sehr wohl entscheiden, auf wen das zutrifft. Und wir müssen auch nicht warten, wer auf dem Weg hierher ertrinkt oder wen die Türkei so zu uns rüber schickt. Wir könnten in den Krisenländern direkt eine Auswahl vornehmen (z.B. mit Hilfe der UN) und die Leute dann sicher hierherbringen (da darf die Bundeswehr auch gerne mal fliegen). Damit können wir sicherstellen, dass es wirklich humanitäre Gründe sind und nicht einfach nur die Stärksten, Findigsten oder auch Rücksichtslosen, die es am Ende hierher schaffen. Wer dann hier ankommt, ist nicht nur ordentlich erfasst, man kann dann die Integration auch viel besser steuern. Agieren statt reagieren oder Löcher flicken. Außerdem entfällt dann der Flüchtlingstreck. Auf die Art haben wir Asyl für Alle (die es laut Grundgesetz erhalten sollen) – ohne Obergrenze – aber auch ohne den totalen Kontrollverlust. Paradoxerweise wird das Asylrecht im Moment hauptsächlich vom Asylrecht bedroht. So wie es heute läuft, ist es schon greifbar, dass das Asylrecht bald stark verändert wird. Man muss mittlerweile aufgrund der Fehlleistungen der aktuellen Bundesregierung in gewissen Maße Dualist sein, wenn es um das Asylrecht geht. Deutschland braucht (noch lange) keine Obergrenze bei der Anzahl der Asylanten (über das Thema hatte ich in einem früheren Beitrag bereits geschrieben – deswegen hier keine Vertiefung). Wir brauchen aber dringend ein tragfähiges Konzept zur Prüfung, Verteilung und Integration. Weil es da eben nicht läuft, wird eine „Bremsung“ der Asylrate unvermeidlich sein. Ich will keine festgeschriebene Obergrenze, aber wir müssen der handhabbaren Menge an Anträgen Rechnung tragen. Es wäre ein Pyrrhussieg, die Obergrenze zu verhindern, um dann zu sehen wie die Folgen das ganze Asylrecht per Aufstand hinwegfegt.

Bleiben noch die Terrorristen, die hier in Deutschland „entstehen“. Es sind die abgehängten, perspektivlosen Jungen. Für jeden, den wir festnehmen, entstehen 2 neue, die ihren Freund, Vetter, Schwager, Bruder usw. rächen wollen. Auch das wird sich nicht schnell lösen lassen. Perspektiven bieten braucht Zeit! Sozialarbeit ist in Deutschland nicht gerade eine Wachstumsbranche. Armut und prekäre Verhältnisse, während man im TV das schöne Leben sieht, leider schon. Auch das wird Jahre dauern, bis sich etwas spürbar bessert – falls wir damit überhaupt anfangen. Bei der zu erwartenden Altersarmut ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis es auch amoklaufende Rentner gibt. Es ist kein Jugendproblem, sondern ein soziales.

Quelle: Amazon.de
Quelle: Amazon.de

Und was die Überwachung angeht? Ich habe mal den guten von Clausewitz und einige seiner Kollegen gelesen. Eine Guerilla – und nichts anderes sind Terroristen im militärischen Sinne – kann man nur durch 2 Mittel effektiv bekämpfen. Abschneiden des Nachschubs (siehe oben) und Unterwanderung. Was war unser BND so eifrig bei dem Einschleusen von V-Männern in die Nazi Szene. Teilweise so eifrig, dass man die Szene erst selbst geschaffen hat. Falls man daraus etwas gelernt hat, könnte man das ja auch mal bei religiös motiviertem Terrorismus versuchen. Das wäre in der Tat von allen die schnellste Maßnahme. Und bärtige junge Männer, die die ganze Gewalt Scheiße finden, hätten wir doch auch genug.

Schnelle Lösungen gibt’s nicht. Es wird noch viele Tote geben und unsere Gesellschaft wird sich stark verändern. Einige meiner Freunde und Bekannten fassen das ganz simpel zusammen: „Wir sind im Arsch“. Leider fehlen mir die Argumente, das tatsächlich und nachhaltig zu entkräften.

 

Trotzdem: Abfinden will ich mich damit nicht. Es gibt Lösungen. Sie sind anstrengend, langwierig und es wird viele Rückschläge geben. Trotzdem sollten wir uns nicht auf den Rücken legen und auszählen lassen. Oder um es mit den Worten von William Shakespeare (in einer leicht modifizierten Fassung – Sorry Willy) zu sagen:

Quelle: Wikipedia
Quelle: Wikipedia

„Noch einmal stürmt, noch einmal, lieben Freunde!
Im Frieden kann so wohl nichts einen Mann
Als Milde und bescheidne Stille kleiden,
Doch bläst des Krieges Wetter euch ins Ohr,
Dann ahmt dem Tiger nach in seinem Tun;
Spannt eure Sehnen, ruft das Blut herbei.
Dann leiht dem Auge einen Schreckensblick
Und laßt es durch des Hauptes Bollwerk spähn
Wie ehernes Geschütz,wie ein zerfreßner Fels
Weit vorhängt über seinen schwachen Fuß,
Vom wilden, wüsten Ozean umwühlt.
Nun knirscht die Zähne, schwellt die Nüstern auf,
Den Atem hemmt, spannt alle Lebensgeister
Zur vollen Höh!“

Einen Anlauf die Welt zu Verbessern machen wir noch, oder? Wer macht mit?

Peace! Euer Christian